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Die Kriegszeichnungenn des Kirchenmalers Josef Wagenbrenner. Wagenbrenner, Josef (1880-1953) entstammte in vierter Generation einer fränkischen Vergolder-Familie, die zwei Jahrhunderte lang an den zahlreichen barocken und neugotischen Altären der Diözese Würzburg ihre Kunst übte. Nach der Lehrzeit bei seinem Vater in fränkischen Dorfkirchen und dem Besuch der Zeichenschule des polytechnischen Vereins in Würzburg, wird W. Kunststudent, zuerst in Karlsruhe, dann in München beim Professor für Christliche Kunst Ritter Martin von Feuerstein. Das erste kunst-akademisch gebildete Mitglied der kunst-handwerklichen Familie Wagenbrenner verlegt seinen Wohnsitz ins badische Rastatt, wo bereits zwei seiner Brüder als Vergolder arbeiten. In Mittelbaden und dem angrenzenden Elsaß erhält W. seine ersten Aufträge für Decken- und Altargemälde in Urloffen und Neusatz und anderen meist kleineren Kirchen der Diözese Freiburg. Der Ausbruch des I. Weltkriegs unterbricht seine hoffnungsvolle Karriere als Kirchenmaler vorläufig.

Am 5. August 1915 eingerückt, nimmt W. an den schweren Kämpfen im Herbst und Winter in den Vogesen teil. Anfang Januar 1916, mit Beginn des Stellungskrieges im Bereich des Hartmannweiler Kopfes, beginnt er ein Skizzenbuch, das neugierig, anfangs fast ethnographisch-volkskundlich, die Gesichter seiner Kameraden und ihres Lebensraumes - Unterstände, Schützengräben - festhält. Die letzte dieser Zeichnungen - zwei Schlafende, umgeben von Kochgeschirren, auf merkwürdiger märchenhaft-gestrüppartiger Unterlage – stammt vom 24. 1. 1916. Im August desselben Jahres entstehen weitere, größere, elaboriertere Bleistiftzeichnungen (IV, 1-4) und die erste lavierte Kohlezeichnung (IV, 1: das einzige religiöse Motiv). Stilistische-motivische Unsicherheit scheint zu herrschen; etwas wie „französischer Stil“ bemächtigt sich des Künstlers für kurze Zeit (IV, 2, vor allem IV, 3). Mit kunstvoll-kitschiger Sehnsucht (No. 6 auf der Rückseite einer Vogesen-Landschaft vom 25.I. 1916) endet dieses Jahr des eingegrabenen Verharrens.

Danach fehlen zeichnerische Äußerungen bis in den April 1917, aus dem die kubineske teufelsgerittene Granate stammt; thematisch offenbar nicht zu packen, irgendwie mißlungen, unentschieden zwischen den Gottverlassenheiten der Landschaft, dem Himmel und dem, was aus ihm ununterbrochen herabregnet und deshalb in zwei Varianten vorhanden (IV, 6 und 7).

Im Mai 1917 bekommt Wagenbrenner Fronturlaub,am 5. Mai heiratet er, am 31. Mai wird er zum Unteroffizier befördert; mehrere Auszeihungen für Tapferkeit zeugen von furchtbaren Kämpfen. Am 6. Juni zeichnet er das klaustrophobische Trommelfeuer, aus einer modern-horrorfilmhaft anmutenden Perspektive (III) und danach - nur noch sich selbst: Selbstbildnis sinnend versunken rauchend (IV, ???), Selbstbildnis geschönt-heldisch-verjüngt (IV,) und endlich, durchgebrochen zur inneren Wahrheit, das Selbstbildnis des Menschen im nie endenden Kampf, zu ewigem Kampf in ewiger Tapferkeit verdammt: Selbstbildnis mit EK II, herausgebombt in Trommelfeuern aus dem Kirchenmaler Josef Wagenbrenner, dessen großes Talent zwischen Handwerk und Herkommen, Herkommen aus dem Kunsthandwerk und dessen Sehnsucht nach dem Höheren, Hinkommen in das Michelangelo-Gewölbhafte von Muggensturm und Neusatz im Mittelbadischen, gefangen blieb und einmal – so weit ich es beurteilen kann – mit seinem Selbstporträt, gezeichnet bei schlechtem Licht in einem granatengeschüttelten Unterstand, später zusammen mit dem gößten Teil des Kriegs-Oeuvre von Splittern perforiert, ein paradigmatisches Bild schuf: Mensch, Stolz, Angst.

 



Konvolut** Kriegszeichnungen des badischen Kirchenmalers Josef Wagenbrenner umfassend I. ein (rekonstruiertes) Skizzenbuch und 13 meist lavierte Kohle- und Bleistiftzeichnungen (ca. 34x30 cm), zum größten Teil signiert und datiert, teilweise durch Granatsplitter perforiert Juni1916 bis August 1917


I. Skizzenbuch. Cote St. Marie/Barrenkof/Hartmannsweiler Kopf. 12 Blatt mit zus. 9 Portäts, 5 Kopfstudien, 6 ganzseitigen Zeichnungen (1 unvollendet), Bleistift (2 ankoloriert), 3 signiert, größtenteils datiert: 7. - -25. Januar 1915. Teilweise betitelt: (Unteroff. Egger, Ein Landwehrmann, Komp. Schuster etc.). Pappband mit Buntpapierbezug. € 1800,-

II. Selbstporträt mit EKII. ##Lavierte Kohlezeichnung auf grauem Bütten (29x23 cm), undatiert, nicht signiert. Selbstporträt mit EK II.

III. Trommelfeuer/Erwartung. Bleistiftszeichnung auf grauem Bütten (Wasserzeichen MBM) (30,5x23,5 x). Datiert „7. VI. 1917“, nicht signiert, rückseitig bezeichnet: Trommelfeuer, „Erwartung“ Unterstand. € 900,-

IV. 11 meist lavierten Kohle- und Bleistiftzeichnungen, August 1916 bis August 1917. Die mit „##“ gekennzeichneten Blätter sind durch Grantasplitter in der linken oberen und der rechten unteren Ecke an mehreren Stellen perforiert. € 3.300,-

1) Bildstock: *Lavierte Kohlezeichnung auf grauem Bütten (24 x 31 cm). Signiert und datiert, 8. 1916. Rückseitig numeriert: 32.

2) Soldat & Winde : Bleistiftzeichnung auf gelblichem Papier (30 x 24 cm). Signiert und datiert „im Felde 1.8.1916“. Rückseitig numeriert: 33.

3) Zwei Soldaten, einer schreibend: Weiß lavierte Bleistiftzeichnung auf graubraunem Papier (30,5x24 cm). Undatiert, nicht signiert.

4) ##Unterstand: Weiß lavierte Bleistiftzeichnung auf dunkelgrauem Bütten (23x30 cm), Signiert und datiert „i. Felde 25. XI. 1916, Barrenkopf“. Rückseitig bezeichnet U.P. 1 Rabenbühel. Rückseitig numeriert: 35.

5) ##Liebesbrief: *Lavierte Kohlezeichnung auf grauem Bütten (29x22,5). Undatiert, nicht signiert.

Rückseitig siegnierte und datierte (Wagebrenner 25. XI. 16) lavierte Bleistiftzeichnung einer Vogesen-Landschaft.

6) ##Granate: Lavierte Kohlezeichnung auf gelblichemBütten (29,5 x 21 cm). Signiert (J. Wgbr.) und datiert „10. 4. 1917.

7) ##Granate II: Lavierte Kohlezeichnung auf blaugrauem Bütten (23x29 cm). Nicht signiert, undatiert. Rückseitig numeriert: 39. Mit Kugelschreiber bezeichnet: Der Teufel reitet auf einer Granate.

8) ##Selbstporträt mit Pfeife & Helm: Kohlezeichnung auf Bütten (ca 22x30 cm). Signiert und datiert „20.4.1917“. Betitelt „Selbstbildnis“.

9) Selbstporträt mit Pfeife: Lavierte Kohlezeichnung auf Bütten (Wasserzeichen MBM) (ca 22x30 cm). Signiert (J.W.) und datiert im Felde 15. VII. 1917. „Selbstbildnis“ Rückseitig numeriert: 41.

10) Türkheim/Lazarett: Lavierte Kohlezeichnung auf dunkelgrauem Bütten (Wasserzeichen MBM) (ca 30 x 23 cm). Nicht signiert, datiert 11. VIII. 1917. Betitelt: Türkheim Vogesen Ölthor. Rückseitig numeriert: 44

11) Fagottspieler: Kohlezeichnung auf Bütten (ca 22x30 cm). Datiert „15.8.17“. Nicht signiert. Rückseitig numeriert: 36.

Die mit „##“ gekennzeichneten Blätter sind durch Grantasplitter in der linken oberen und der rechten unteren Ecke an mehreren Stellen perforiert.